Harter Gegenwind für den Energieminister
Am Ende bleibt es fraglich, ob der Energieminister sich die deutlichen Worte vieler Menschen rund um Altentreptow und auch darüber hinaus zu Herzen nimmt. Am Donnerstagabend sah sich Christian Pegel (SPD) 250 bis 300 Leuten im Kreiskulturhaus Altentreptow gegenüber, die sich gegen eine Zupflasterung der Landschaft mit Windrädern wehrten. Sie waren der Einladung der Bürgerinitiative "Windflüchter" gefolgt, die sich gegen ein geplantes Windkraftgebiet zwischen Tützpatz, Pripsleben und Gültz wendet. 30 Windräder sollen dort durch ein Zielabweichungsverfahren gebaut werden, das auch von Kriterien der Raumplanung abweichen darf. Das ist den Bürgern ein Dorn im Auge. Und das ließen sie den Minister auch durch ihre kritischen Fragen und Anmerkungen spüren.
Sie bezweifelten, dass ein Ausbau der Wind-Wasserstoff-Anlagen bei Tützpatz Sinn macht. Sie sehen darin keine weitere Innovation. Denn bei Grapzow gibt es schon solche Anlagen. Sie wiesen daraufhin, dass nur zwei Prozent Wasserstoff in Erdgasleitungen eingespeist werden dürfen. Denn solches ist zwischen Altentreptow und Tützpatz vorgesehen. Sie fragten, warum bei den Zielabweichungsverfahren sowohl in Tützpatz als auch bei Ivenack geltende Naturschutz-Vorgaben umgangen werden. Sie wollten wissen, wie arme Gemeinden sich finanziell an den Windparks beteiligen sollen. Und sie kritisierten, dass die betroffenen Bürger bei der Energiewende nicht mitgenommen werden und über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.
Neben Susanne Moosbrugger, Ulrich Förster, Ronald Gramsch saß Gerhard Quast (Altentreptower Wählergemeinschaft) mit im Podium: Dieses Vorgehen, wie die Energiewende umgesetzt wird, kenne man aus alter Zeit. "Das ist diktatorisch", sagte Quast unter lautem Beifall aus dem Saal. "Wir dürfen hier unten nur sitzen und zuhören." Noch mehr Windräder rund um Altentreptow zu bauen, sei wie ein olympischer Gedanke. "Das ist aber keine Olympiade. Es geht hier um die Menschen." "Wenn wir heute die Ängste der Menschen ignorieren, dann endet hier mein Verständnis für dieses demokratische Instrument (Anmerkung: das Raumordnungsprogramm)."
"Ich weiß nicht, welche demokratische Ebene Sie meinen?", entgegnete der Minister. Es gebe Land, kommunal und lokal. Pegel zog den Vergleich zum A-20-Bau. Wenn man da auf jeden kommunalen Ruf gehört hätten, hätten man nur drei Kilometer Autobahn. Genauso sei auch die Energiewende eine Landes- und Bundesaufgabe. In Umfragen sei auch die Mehrheit der Bürger in Mecklenburg-Vorpommern mit der Energiepolitik des Landes zufrieden. Dafür erntete Pegel Gelächter aus dem Publikum.
Gerhard Quast weiter: "Die Stadt hat keinen Gewinn aus den Windrädern." "Wir schauen deswegen sehr skeptisch auf die Entwicklung, ob neue Windräder aufgebaut werden."
Der Minister: Zielabweichungsverfahren dürfen nur unter strengen Vorgaben umgesetzt werden.
Gerhard Quast: "Altentreptow hat einen erheblichen Beitrag für das Gemeinwohl geleistet. Wer mit dem Auto nach Altentreptow kommt, braucht kein Schild mehr, wo er abbiegen soll. Das Gemeinwohl muss aber auch für uns gelten! Wir überlegen, unsere Kindergärten abzugeben. Und wir brauchen Geld, um in unsere Schule zu sanieren." "Warum können nicht benachteiligte Wohngebiete ausgewiesen werden? Dort könnte zum Beispiel der Kauf von Schallschutzfenstern gefördert werden."
Minister: "Ja, Sie haben einen riesigen Beitrag geleistet." Die Eigentümer von bestehenden Windrädern hätten aber so etwas wie ein eigentumähnliches Recht. "Da kommen wir nicht ran", meinte Pegel auf die Idee, Geld aus den bestehenden Windkraftanlagen für die Gemeindekassen zu bekommen. Mit dem Zielabweichungsverfahren gebe es aber möglicherweise Vergünstigungen für die Gemeinden und günstigeren Strom für die Anwohner. Anderswo habe ein Haushalt damit Einsparungen von 80 Euro im Jahr. Wieder erntet der Minister Gelächter.
Gerhard Quast: Er sieht die Stadt und Gemeinden in einem Spagat: "Wir wollen keine weiteren Windräder, weil das Maß voll ist." Lautstarker Beifall. "Auf der anderen Seite fragen Sie uns, warum wir nicht mit den Windkraftunternehmen Vorteile aushandeln. Sind wir denn in einer Bananenrepublik?"
Minister: "Wenn ich unterschrieben habe, ist es zu spät. Es wäre aber schön, wenn es einen Vorteil für die Gemeinden gäbe. Ich kann das ab einem bestimmten Punkt aber nicht mehr beeinflussen."
Weitere kritische Worte:
Gilbert Schulz, Vorsitzender der Bürgerinitiative "Windflüchter" Tützpatz: Sie haben einmal gesagt, wenn es keine Akzeptanz gibt, dann muss gebremst werden. "Warum kann man nicht in Tützpatz bremsen."
Karl Heller, Bürgermeister Gemeinde Gnevkow: "Herr Minister, Sie laufen in Gefahr, sich zum Handlanger einer Windlkraftlobby zu machen."
Olaf Heidebreck: "Sind wir noch Menschen oder sind wir einfach Kollateralschäden, die bei der Energiewende anfallen?"
Olaf Heidebreck: "Gemeinden, die sich kaum einen Traktor leisten können, sollen sich jetzt in sechs- oder siebenstelliger Summe an Windenergieanlagen beteiligen."
Klaus Hinz, Bürgermeister Blankenhof: "Unsere Bewegungsmöglichkeiten gehen gegen Null. Der Mensch kommt bei den Planungen zu kurz. Die Kriterien werden so zusammengebastelt, damit weitere Flächen ausweisen zu können."
Susanne Moosbrugger, Gemeinde Zwiedorf: Die Zahl der Schlagopfer hat in den vergangenen zwei Jahren um ein Drittel oder gar die Hälfte zugenommen. Die Ursache dafür liegt in der starken Zunahme von Windrädern.
Außerdem: "Die Realität sieht anders aus, als das, was Sie uns hier erzählen wollen."
Außerdem: "Im Raumentwicklungsprogramm gibt es kein Windeigngungsgebiet bei Tützpatz. Deswegen muss das über ein Zielabweichungsverfahren möglich gemacht werden. Das ist nicht in Ordnung."
Außerdem: "Von den Windkraftfirmen hört man nur: Man muss es über Paragraph 35 laufen lassen und eine Innovation anmelden. Dann gehen die Zielabweichungsverfahren durch."
Am Ende schenkte Gilbert Schulz dem Minister drei Bilder mit nächtlich blinkenden Windrädern. Schulz bat Christian Pegel, sie bei sich im Schlafzimmer aufzuhängen. Dann habe er den besten Eindruck von dem Blinken, wie es viele Anwohner rund um Altentreptow und Tützpatz es schon jetzt haben.
Gerhard Quast Christian Pegel
Voll besetzt: Der Saal im Kreiskulturhaus. Fotos: Eckhard Kruse
Sogar aus dem Raum Schwerin waren Windkraftgegner angereist.
Gilbert Schulz leitete das Forum. Windkraftbilder für den Minister.